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Diabetes

In den vergangenen Jahren wurde der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Kaffee bzw. Koffein und dem Auftreten von Typ-2-Diabetes intensiv untersucht. Etliche Studien und Metaanalysen weisen auf eine inverse Assoziation und damit auf einen möglichen protektiven Effekt hin [1].

So beispielsweise die 2012 veröffentlichte EPIC-Deutschland-Studie, an der mehr als 42.000 Menschen teilnahmen: Personen, die täglich mehr als vier Tassen koffeinhaltigen Kaffee konsumierten, hatten im Vergleich zu denjenigen, die durchschnittlich weniger als eine Tasse tranken, ein um 23 Prozent verringertes Typ-2-Diabetes-Risiko [2]. Ein ähnlicher Zusammenhang deutete sich dabei auch für den Konsum von entkoffeiniertem Kaffee an. Dieser wurde in zwei Untersuchungen aus dem Jahr 2014 bestätigt, in denen Genießer entkoffeinierten Kaffees ein vermindertes Diabetes-Risiko aufwiesen [3,4]. In einer der beiden Studien offenbarte eine Dose-Response-Metaanalyse einen dosisabhängigen Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum und dem verminderten Diabetesrisiko: je höher der Kaffeekonsum, desto geringer das Diabetesrisiko [3].

Worauf beruht die protektive Wirkung?

Wie der schützende Effekt zustande kommt, ist noch nicht genau bekannt, doch es gibt hierzu bereits einige Hinweise aus experimentellen Forschungsarbeiten, in denen die Rolle verschiedener Kaffeeinhaltsstoffe, wie beispielsweise Koffein, Antioxidantien oder Kafestol, untersucht wurden. Diskutiert wird beispielsweise, ob koffeinhaltiger Kaffee die Insulinsensitivität verbessern könnte, wie es Studien-ergebnisse aus den vergangenen Jahren nahelegen [z. B. 5, 6]. In anderen Untersuchungen wurde dieser Effekt jedoch nicht gefunden [7].

Bei der Entstehung des Typ-2-Diabetes gelten oxidativer Stress und Entzündungen als wichtige Faktoren. Auf die antioxidative Wirkung von Kaffee wurde bereits hingewiesen (siehe Kapitel „Kaffee und seine Inhaltsstoffe“). In Bezug auf die Entzündungen kann man auf Daten der im Jahr 2006 erschienenen Nurses Health Study zurückgreifen. Sie zeigten, dass bei Frauen, die regelmäßig Kaffee tranken, die im Blut nachweisbaren Entzündungsfaktoren reduziert waren [8]. Eine 2017 erschienene Studie bekräftigte, dass Koffein systemische Entzündungen unterdrücken könnte [9].

Doch auch andere Inhaltsstoffe des Kaffees sind im Gespräch, wie beispielsweise Kafestol: Möglicherweise steigert das Diterpen die Insulinsekretion und verbessert die Glukoseaufnahme in die Muskelzellen, wie In-vitro-Versuche zeigten [10].

Kaffee erhöht den Adiponektinspiegel

In einer Interventionsstudie aus dem Jahr 2011 kamen die Forscher zu dem Schluss, dass sich gewohnheitsmäßiges Kaffeetrinken nicht nur positiv auf subklinische Entzündungen auswirkt, sondern auch den Adiponektinspiegel erhöht [11]. Kaffee kann den Adiponektinspiegel sowohl bei Gesunden als auch bei Diabetikern erhöhen, wie eine andere Untersuchung zeigte [12].

Adiponektin ist ein Adipozytokin, das in den Fettzellen des Körpers produziert wird. Es stimuliert die Fettsäureoxidation und verbessert die Insulinsensitivität in Fettzellen, der Leber und in Skelettmuskeln. Ferner wurden vasoprotektive und antiinflammatorische Effekte des Adiponektins beschrieben. Hohe Plasma-Adiponektinspiegel sind nachweislich direkt mit einem niedrigen Diabetes-Risiko verbunden [13]. So zeigte auch eine Studie mit japanischen Männern: Je mehr Kaffee getrunken wurde, desto höher stieg der Adiponektinspiegel an [14].

Mögliche gegenteilige Effekte bei schon bestehendem Diabetes

Vorsicht ist jedoch möglicherweise bei bereits manifestem Diabetes geboten, wie ein Review aus dem Jahr 2015 nahelegte [15]. Die Analyse zeigte, dass die Aufnahme von Koffein in Form einer Tablette bei Patienten mit Typ-2-Diabetes möglicherweise die Blutzuckereinstellung negativ beeinflussen kann. Einige Untersuchungen wiesen auf eine reduzierte Insulinsensitivität unter Einfluss von Koffein hin [16, 17].

Die Studienlage im Hinblick auf bereits bestehenden Diabetes ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. In einem Versuch mit diabetischen Ratten zeigten Forscher, dass der Blutzuckerspiegel durch die orale Gabe von Koffein gesenkt und die Glukosetoleranz verbessert werden konnte [18]. Welche klinische Relevanz die jeweiligen Studien haben könnten, ist noch offen.

Kaffeekonsum zur Vorbeugung von Diabetes?

Noch ist nicht geklärt, ob es sich bei der beschriebenen inversen Assoziation zwischen dem Konsum von Kaffee und einem Typ-2-Diabetes um einen ursächlichen Zusammenhang handelt. Eine Interventionsstudie konnte keinen Hinweis dafür finden [19], ebenso wenig wie eine Genstudie, die das Prinzip der Mendelschen Randomisierung nutzte, um eine Kausalität zu belegen [20].

Weitere Forschungsarbeiten sind notwendig, um dies zu klären. In Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Diabetes findet man daher bislang keinen Hinweis auf das Getränk [z. B. 21]. Experten verweisen auf evidenzbasierte Maßnahmen wie eine Gewichtsreduktion, einen verantwortungsvollen Umgang mit zuckerreichen Lebensmitteln, körperliche Bewegung und die ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen. Wer aber Kaffee mag, kann ihn im Hinblick auf Diabetes unbesorgt genießen — und vielleicht sogar einen positiven Effekt erzielen.

FAZIT

Es gibt zahlreiche Hinweise auf einen inversen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Kaffee und dem Auftreten von Typ-2-Diabetes. Experimentelle Studien zeigen mögliche Wirkmechanismen auf. Dennoch ist bis dato nicht geklärt, ob es sich um einen ursächlichen Zusammenhang handelt.

  1. Chrysant, S.G. Expert Rev Cardiovasc Ther, 15(3):151–156, 2017.
  2. Floegel, A. et al. Am J Clin Nutr, 95(4):901–8, 2012.
  3. Ding, M. et al. Diabetes Care, 37(2):569–86, 2014.
  4. Bhupathiraju, S.N. et al. Diabetologia, 57(7):1346–54, 2014.
  5. Rebello, S.A. et al. Nutrition Journal, 10:61, 2011.
  6. Loopstra-Masters, R.C. et al. Diabetologia, 54(2):320–328, 2011.
  7. Wedick, N.M. et al. Nutrition Journal, 10:93, 2011.
  8. Lopez-Garcia, E. et al. American J of Clin Nutrition, 84(4):888–893, 2006.
  9. Furman, D. et al. Nat Med, 23(2):174–184, 2017.
  10. Mellbye, F.B. et al. J Nat Prod, 23;78(10):2447–51, 2015.
  11. Kempf, K. et al. American J of Clin Nutrition, 91(4):950–957, 2010.
  12. Bhaktha, G. et al. J Clin Diagn Res, 9(1):BC01–3, 2015.
  13. Li, S. et al. J of the Am Med Association, 302(2):179–188, 2009.
  14. Imatoh, T. et al. European J of Nutrition, 50(4):279–284, 2011.
  15. Whitehead, N. & White, H.J Hum Nutr Diet, 26(2):111–25, 2013.
  16. Sacramento, J.F. et al. Eur J Pharm Sci, 70:107–16, 2015.
  17. Shi, X. et al. Nutr J, 15(1):103, 2016.
  18. Urzúa, Z. et al. Int Med Res, 40,2220–30, 2012.
  19. Nowotny, B. et al. Diabetologia, 58(2):255–64, 2015.
  20. Nordestgaard, A.T. et al. Int J Epidemiol, 44(2):551–65, 2015.
  21. Nationale Versorgungsleitlinie: Therapie des Typ-2-Diabetes, August 2013 (Zuletzt geändert: April 2014) AWMF-Register:Nr.: nvl-001g