Wirkungen

Inhaltsstoffe
Psyche & Körper
Kaffee & Krankheitsbilder

Magen-Darm-Trakt

Laut Statistik leiden etwa zehn Prozent der Deutschen unter gastrointestinalem Reflux. Viele Ärzte empfehlen in diesem Fall, den Kaffeekonsum zu reduzieren. Ob dieser Rat berechtigt ist, wurde in zahlreichen Studien untersucht.

Reflux-Patienten müssen nicht auf Kaffee verzichten

Ein Review aus dem Jahr 2006 evaluierte beispielsweise den Einfluss verschiedener Lebensstilfaktoren auf die Funktionen des Magen-Darm-Trakts [1]. Hinsichtlich des Kaffeegenusses kamen die Autoren zu keinem eindeutigen Ergebnis. Sie konstatierten jedoch, dass es für eine routinemäßige Empfehlung an Reflux-Patienten, auf Kaffee zu verzichten, keine hinreichenden wissenschaftlichen Belege gibt. Auch jüngere Studien kamen nicht zu einheitlichen Ergebnissen. Eine epidemiologische Studie aus dem Iran wies auf Kaffeegenuss als möglichen Risikofaktor für einen Reflux hin [2]. In zwei anderen Studien konnten die Forscher hingegen keinen Zusammenhang zwischen Reflux und Kaffeekonsum finden [3, 4]. Zu diesem Ergebnis kam auch eine Metaanalyse, in welche die Daten aus 15 ausgewählten Studien einflossen. So lag die Odds Ratio für Sodbrennen nach dem Genuss von Kaffee nur bei 1,06 [5].

Barrett-Syndrom und Kaffeegenuss

Als Komplikation der Refluxkrankheit kann es zu einem sogenannten Barrett-Ösophagus kommen, einer metaplastischen Umwandlung des Epithels der Speiseröhre, die als Präkanzerose angesehen wird. Amerikanische Forscher untersuchten 2016 den Einfluss, den der Genuss von Tee oder Kaffee auf diese Erkrankung haben könnte [6]. Dafür wurden mehr als 300 Patienten mit nachgewiesenem Barrett-Syndrom mit mehr als 1.700 Menschen ohne diesen Befund verglichen. Die Analysen zeigten zwar einen Zusammenhang zwischen dem Risiko für ein Barrett-Syndrom und dem Konsum von Kaffee oder Tee, nach der Berücksichtigung möglicher Störfaktoren war jedoch kein Zusammenhang mehr sichtbar.

Nicht mehr Erkrankungen durch vermehrte Magensäuresekretion

Weil Koffein die Magensäuresekretion anregt, werden oftmals negative Effekte von Kaffee auf verschiedene Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes angenommen. Doch dafür gibt es keine epidemiologische Evidenz. Japanische Forscher wollten daher den Effekt des Kaffeekonsums auf vier Erkrankungen messen, bei denen die Magensäure eine Hauptrolle spielt: Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Refluxkrankheit und Refluxösophagitis, einer Unterform der Refluxkrankheit, die mit endoskopisch oder histologisch sichtbaren Veränderungen der Speiseröhrenschleimhaut verbunden ist [7]. Die Daten von mehr als 8.000 Teilnehmern flossen in die Querschnittstudie aus dem Jahr 2013 ein. In ihrer Analyse konnten die Forscher keinen signifikanten Einfluss des Kaffeegenusses auf die vier mit Magensäure im Zusammenhang stehenden Erkrankungen finden.

Magen- und Duodenalgeschwüre

Dass Kaffee auf die Bildung von Magengeschwüren keinen fördernden Einfluss hat, legte bereits eine dänische Kohorten-Studie aus dem Jahr 2003 mit mehr als 2.000 Probanden nahe. Rauchen und eine Infektion mit Helicobacter pylori wurden darin als Risikofaktor eingestuft, nicht jedoch der Genuss von Kaffee [8]. Eine über sechs Jahre angelegte amerikanische Kohorten-Studie mit mehr als 47.000 Männern ergab auch keinen Hinweis auf eine Erhöhung des Risikos für Duodenal-Ulcera durch koffeinhaltigen und entkoffeinierten Kaffee [9].

Entzündliche Darmerkrankungen und Kaffeekonsum

Interessant ist der mögliche Einfluss von Kaffee in Bezug auf entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, der in verschiedenen Studien untersucht wurde. Eine Umfrage aus dem Jahr 2015 zeigte, dass zwei Drittel der Erkrankten regelmäßig Kaffee tranken, wobei das Getränk unterschiedlich gut vertragen wurde [10]. Welche Umweltfaktoren die Entstehung entzündlicher Darmerkrankungen fördern und ob auch der Genuss von Kaffee dazu gehören könnte, wollten Forscher im selben Jahr in einer Fall-Kontroll-Studie herausfinden [11]. Es zeigte sich, dass der tägliche Konsum von Kaffee oder Tee das Risiko für eine spätere Colitis ulcerosa senkte. Eine mögliche Erklärung lieferte eine Studie an Zelllinien und Mäusen [12]:  Koffein könnte demnach eine bestimmtes Protein (Chitinase 3-like 1) in den Zellen des Darmepithels herabregeln.

Sanfte Stimulation der Darmtätigkeit

Kaffee kann sanft die Darmtätigkeit anregen – eine Eigenschaft, die sich Mediziner zunutze machten: Sie setzten Kaffee als mildes Stimulanz bei Patienten nach einer Dickdarmentfernung ein, um einen Darmverschluss zu verhindern [13]. In einer 2015 veröffentlichten Studie zeigte sich, dass entkoffeinierter Kaffee eine bessere Wirkung erzielte als Kaffee mit Koffein [14].

Darmkrebsrisiko nicht erhöht

Im Hinblick auf Kaffeekonsum und Darmkrebsrisiko untersuchten amerikanische Wissenschaftler im Jahr 2010 Daten aus 13 Langzeit-Studien in Nordamerika und Europa [15]. Von den 731.441 Teilnehmern der Studie, die über einen Zeitraum von 20 Jahren beobachtet wurden, entwickelten 5.604 Darmkrebs. Dabei konnte die Studie Befürchtungen entkräften, der häufige Genuss von Kaffee könnte das Darmkrebsrisiko erhöhen: Selbst vier große Becher am Tag sind nicht mit einem erhöhten Risiko assoziiert, so das Fazit der US-Forscher. Im Gegenteil: Der Konsum von Kaffee kann sogar vor der Entstehung von Dickdarmkrebs schützen, wie Studien aus Japan und China zeigten [16, 17].

FAZIT

Für eine routinemäßige Empfehlung an Reflux-Patienten, auf Kaffee zu verzichten, gibt es keine hinreichenden wissenschaftlichen Belege. Patienten mit Sodbrennen, die sensibel auf Kaffee reagieren, können durch eine zeitweise Abstinenz herausfinden, ob das Getränk eine Auswirkung hat oder nicht. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Magengeschwüre, entzündliche Darmerkrankungen oder Darmkrebs durch Kaffeegenuss gefördert werden. Bei manchen Erkrankungen kann Kaffee laut Studien-lage sogar schützend wirken. Das Heißgetränk kann die Darmtätigkeit sanft anregen.

  1. Kaltenbach, T. et al. Archives of Internal Medicine, 166,965–971, 2006.
  2. Vossoughinia, H. Iran Red Crescent Med J, 16(12):e15832, 2014.
  3. Pandeya, N. et al. Diseases of the Esophagus, 25,573–83 2012.
  4. Ercelep, C.B. et al. Diseases of the Esophagus, 27(5):403–8 2014.
  5. Kim, J. et al. Diseases of the Esophagus, 27(4):311–7, 2014.
  6. Sajja, K.C. et al. Clin Gastroenterol Hepatol, 14(5):769–72, 2016.
  7. Shimamoto, T. et al. PLoS One, 8(6):e65996, 2013.
  8. Rosenstock, S. et al. Gut, 52,186–193, 2003.
  9. Aldoori, W.H. et al. Epidemiology, 8,420–424, 1997.
  10. Barthel, C. et al. Nutr J, 12;14:78, 2015.
  11. Ng, S.C. et al. Gut, 64(7):1063–71, 2015.
  12. Lee, I.-A. J Gastroenterol, 49(8):1206–16, 2014.
  13. Muller, S.A. British Journal of Surgery, 99(11):1530–8, 2012.
  14. Dulskas, A. et al. Dis Colon Rectum, 58(11):1064–9, 2015.
  15. Zhang, X. et al. J of the National Cancer Institute, 102(11):771–783, 2010.
  16. Budhathoki, S. et al. International J of Cancer, 137/2:463–470, 2015.
  17. Tian, C. et al. Cancer Causes Control, 24(6):1265–8, 2013.