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Ängstlichkeit

Kaffee wird weltweit vor allem wegen seiner anregenden Wirkung geschätzt. Doch kann sich dies bei Angststörungen eventuell negativ bemerkbar machen? Zur Beurteilung, wie Kaffee auf die Psyche, insbesondere auf Angststörungen, wirkt, gibt es verschiedene und widersprüchliche Untersuchungen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Anlagebedingte Unverträglichkeit

Menschen mit bestimmten genetischen Eigenschaften können nach dem Genuss von koffeinhaltigen Getränken Herzrasen, Schweißausbrüche, Unruhezustände oder Einschlafstörungen verspüren, einige auch eine unbestimmte Angst. Gerade Patienten, die an einer Angsterkrankung leiden, verzichten deswegen häufig auf Kaffee oder reduzieren den Konsum. Studien zeigten in den 90er-Jahren, dass Koffein, vor allem in hohen Dosen, Angstsymptome auslösen könnte [1, 2, 3].

Ein Review aus dem Jahr 2011 bekräftigte die Ergebnisse [4]. Acht Studien sind in die Untersuchung eingeflossen, und alle weisen auf einen positiven Zusammenhang zwischen Koffein und Ängstlichkeit bzw. Angststörungen hin. Bei einer Untersuchung an 14 Probanden, die alle nur unregelmäßig oder nie Koffein konsumierten, konnten britische Wissenschaftler mit Hilfe einer funktionellen Magnetresonanztomografie mögliche neuronale Korrelate im menschlichen Gehirn orten [5]. Letztlich liegt aber die Antwort auf die Frage, ob ein Mensch auf Koffein mit einer erhöhten Ängstlichkeit reagiert oder nicht, vor allem in den Genen. Eine kleine Variante im Gen des Adenosin-A2A-Rezeptors scheint eine wichtige Rolle in diesem Prozess zu spielen [6].

Doch wer einmal mit Angst auf Kaffee reagiert, muss dies nicht sein Leben lang tun: Bei Menschen, die regelmäßig eine mittlere oder hohe Dosis Koffein zu sich nehmen, ist der Gen-Effekt schwächer. Mit anderen Worten: Wahrscheinlich kann sich die anlagebedingte Unverträglichkeit bei schrittweiser Steigerung der Dosis und regelmäßigem Konsum zurückbilden [6].

Angstlösender Effekt in Tierversuchen

Interessanterweise fanden Forscher in Tierversuchen eine angstlösende Wirkung von Koffein. In einer Studie an Ratten, die ständig wiederholtem und unvorhersehbarem Stress ausgesetzt worden waren, wurden die Effekte einer langfristigen Behandlung mit Koffein bzw. einem Antidepressivum untersucht. Der chronische Stress rief bei den Tieren u. a. depressives Verhalten und eine erhöhte Ängstlichkeit hervor. Die längerfristige orale Koffeingabe übte, ähnlich wie das Medikament, eine antidepressive und angstauflösende Wirkung aus [7].

Diese Wirkung zeigte sich auch in weiteren, nachfolgenden Studien. So fanden beispielsweise neuseeländische Forscher 2014 ebenfalls einen angstlösenden Effekt. Die Autoren der Studie halten es für möglich, dass der Antagonismus in Bezug auf den A2A-Adenosin-Rezeptor eine Rolle spielt [8]. Besonders aussagekräftig in diesem Zusammenhang ist eine türkische Studie aus dem Jahr 2016, in der Ratten einem künstlichen Stress (Katzengeruch, Labyrinth) ausgesetzt wurden [9]. In der Folge zeigten die Tiere eine erhöhte Ängstlichkeit und verminderte kognitive Leistung. Doch Koffeingaben konnten den negativen Effekten entgegenwirken, die kognitiven Funktionen verbesserten sich, und die induzierte Ängstlichkeit konnte wieder reduziert werden. Bemerkenswerterweise spiegelte sich dies auch auf der physiologischen Ebene wider, u. a. durch die Verringerung von Biomarkern, die oxidativen Stress anzeigen.

FAZIT

Untersuchungen zeigten, dass Koffein bei Menschen mit einer bestimmten genetischen Ausstattung angstauslösend wirken kann. In Versuchen mit Ratten wurde jedoch auch der umgekehrte Effekt beobachtet, nämlich eine angstlösende Wirkung. Für eine endgültige Bewertung sind weiterführende Studien unabdingbar.

  1. Liebermann, H.R. Caffeine. In: Smith, A.P. and Jones, D.M. (Eds.), Handbook of Human Performance, vol. 2. Academic Press, London, pp. 49–72, 1992.
  2. Sicard, B.A. et al. Aviation, Space, and Environmental Medicine, 67,859–862, 1996.
  3. Green, P.J. & Suls, J. Journal of Behavioral Medicine, 19, 111–128, 1996.
  4. Vilarim, M.M. et al. Expert Reviews Neurotherapy, 11, 2011.
  5. Smith, J.E. et al. Soc Cogn Affect Neurosci, 7(7):831-40, 2012.
  6. Rogers, P.J. et al. Neuropsychopharmacology, 35,1973–1983, 2010.
  7. Pechlivanova, D.M. et al. Behav Pharmacol, 23(4):339–47, 2012.
  8. Hughes, R.N. et al. Behav Brain Res, 1;271:7–15, 2014.
  9. Çak?r, Ö.K. et al. Physiol Behav, 168:1–10, 2016.