Gicht ist die häufigste Ursache von Arthritis (Gelenkentzündung), von der weltweit 41 Millionen Menschen betroffen sind. Gichtpatienten sind häufig zusätzlich durch chronische Krankheiten wie Bluthochdruck, chronischem Nierenerleiden, Fettleibigkeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen belastet. Die Ernährung spielt bei mehreren dieser Krankheiten eine wesentliche Rolle, und es wird angenommen, dass sie auch bei der Entwicklung eines erhöhten Harnsäurespiegels im Blut (Hyperurikämie) und bei Gicht eine Rolle spielt.
Hintergrundwissen:
Harnsäure entsteht durch den Abbau von Purinen. Sie sind als Bestandteile der Erbsubstanz für das Funktionieren des Körpers essenziell. Durch Nahrung gelangen zusätzlich Purine in den Körper, z. B. durch purinreiche Lebensmittel wie Fleisch. Etwa ein Drittel der im Körper gebildeten Harnsäure-Salze (Urate) stammen aus unserer Ernährung und zwei Drittel aus körpereigenen Quellen. Alkoholkonsum erhöht den Harnsäurespiegel, indem Ethanol die Harnsäureausscheidung hemmt. Ist der Harnsäurespiegel im Blut erhöht (Hyperurikämie), können Urate kristallisieren und Gicht und/oder Nierensteine entstehen. Das kann der Fall sein, wenn der Uratspiegel im Blutserum 6,8 mg/dl übersteigt.
In Anbetracht der Bedeutung der Ernährung bei vielen chronischen Erkrankungen und für den Blutharnsäurespiegel, ist das Interesse an diätetischen Maßnahmen bei der Gichtbehandlung groß. Amerikanische Forscher haben kürzlich in einem Übersichtsartikel den aktuellen Stand der Wissenschaft bezüglich Auswirkung von Ernährungsweise und einzelne Ernährungsfaktoren auf die Hyperurikämie zusammengefasst. Die mögliche Rolle von Koffein und Kaffee auf die Blutharnsäurespiegel oder Gicht untersuchten folgende Studien:
Die dritte NHANES-Studie (National Health And Nutrition Examination Survey) aus der USA (1988 bis 1994) umfasste 14.314 Teilnehmer im Alter von über 20 Jahren, die keine Gicht hatten. Der durchschnittliche Blutharnsäurespiegel betrug bei Studienbeginn 5,32 mg/dl. Die gewonnenen Daten zeigten, dass Personen, die vier bis fünf Tassen Kaffee täglich konsumierten, einen um 0,26 mg/dl niedrigeren Blutharnsäurespiegel hatten als Personen, die keinen Kaffee konsumierten. Über sechs Tassen Kaffee täglich senkte den Serumspiegel um 0,43 mg/dl. Es wurde auch ein signifikanter umgekehrter Zusammenhang zwischen entkoffeiniertem Kaffee und Blutharnsäurespiegel gefunden. Tee und die Gesamt-Koffeinaufnahme (Berücksichtigung aller Koffeinquellen, wie Kaffee, Tee und Cola) waren jedoch nicht mit dem Serumuratwert assoziiert.
Eine Studie mit 2.240 männlichen Teilnehmern in Japan zeigte ebenfalls einen umgekehrten Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Blutharnsäurespiegel, nicht aber mit Tee.
In der Health Professionals Follow-up-Studie (USA) wurde der Konsum von Kaffee, entkoffeiniertem Kaffee, Tee und die Gesamtkoffeinzufuhr mit Hilfe eines validierten Fragebogens ermittelt. Über einen Zeitraum von 12 Jahren (1986 bis 1998) wurde der Zusammenhang zwischen Adipositas, Gewichtsveränderung, Bluthochdruck und Diuretika-Einnahme und dem Auftreten von Gicht bei 45.869 männlichen Teilnehmern, die zu Beginn der Studie keine Gicht hatten, ausgewertet. Während der zwölfjährigen Beobachtungszeitraum der Studie wurden 757 neue Fälle von Gicht dokumentiert. Steigender Kaffeekonsum war signifikant umgekehrt mit dem Gichtrisiko verbunden. Entkoffeinierter Kaffee war ebenfalls umgekehrt mit dem Gichtrisiko assoziiert, Tee und die Gesamt-Koffeinaufnahme hingegen nicht.
Eine andere Studie (Nurses‘ Health Study, USA) untersuchte den Zusammenhang zwischen Kaffee-, Tee- und Gesamtkoffein-Aufnahme und Gichtrisiko. Während des 26-jährigen Nachbeobachtungszeitraums traten 896 Gichtfälle bei den insgesamt 89.433 Teilnehmerinnen neu auf. Das Risiko, an Gicht zu erkranken, war bei einem Kaffeekonsum von ein bis drei Tassen pro Tag um 22 Prozent und bei einem Konsum von mehr als vier Tassen pro Tag um 57 Prozent niedriger im Vergleich zu Personen, die keinen Kaffee tranken. Mehr als eine Tasse entkoffeinierter Kaffee pro Tag stand ebenfalls in einem umgekehrten Zusammenhang mit dem Gichtrisiko. Teekonsum wiederum zeigte auch hier keinen Zusammenhang mit Gicht.
Die Mechanismen der positiven Kaffee-Wirkungen auf die Entwicklung von Gicht sind jedoch unklar, so die Autoren des Übersichtsartikels. Bislang gibt es leider keine veröffentlichten Studien über den Koffeinkonsum bei Gichtpatienten und dessen Auswirkungen auf Gichtanfälle und -knoten. Bemerkenswert ist, betonen die Autoren, dass Koffein eine ähnliche chemische Struktur wie Allopurinol hat, ein Wirkstoff, der bei Gicht eingesetzt wird und den Purinabbau hemmt. Diese Tatsache, so die Autoren, verdient weitere Untersuchungen.
Quelle:
A. Danve, S. T. Sehra und T. Neogi: Role of diet in hyperuricemia and gout. Best Pract. Res. Clin. Rheumatol. 2021 Nov 18;101723. doi: 10.1016/j.berh.2021.101723.