Chronische Lebererkrankungen stellen weltweit ein wachsendes Gesundheitsproblem dar, insbesondere in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen. Sie verursachen eine hohe Krankheitslast und sind nur begrenzt behandelbar. In mehreren Studien wurde gezeigt, dass Kaffeetrinken eine günstige Wirkung auf die Lebergesundheit hat. Eine neue Publikation aus dem Vereinigten Königreich (UK) beschäftigt sich mit der Wirkung von entkoffeiniertem, Instant- und gemahlenem Kaffee auf chronische Lebererkrankungen.
Ausgewertet wurden Daten von Personen, die an der sogenannten UK-Biobank Studie teilnahmen, eine Langzeitstudie, in der die Auswirkung genetischer sowie Verhaltensfaktoren auf die Gesundheit im Verlauf von über elf Jahren untersucht wurde. Die 494.585 Teilnehmer hatten ein Durchschnittsalter von 40 bis 69 Jahren. Sie wurden ausführlich über ihren Lebensstil, Ernährungsgewohnheiten sowie über ihre Gesundheit befragt. Ihre während der Studie aufgetretenen Erkrankungen und auch Todesfälle wurden in verschiedenen Datenbanken registriert und stehen für wissenschaftliche Auswertungen zur Verfügung.
Was zeigt die Auswertung der Daten?
Bei chronischen Lebererkrankungen wird das funktionierende Lebergewebe immer mehr durch bindegewebige Veränderungen, also Narbengewebe ersetzt (Fibrose). Die Vernarbung der Leber ist eine Reaktion auf eine chronische, wiederholte Leberzellschädigung, entzündliche Prozesse spielen hierbei eine Rolle. Im Spätstadium führt das zur Entstehung einer Leberzirrhose mit oft schweren Folgen.
Vier verschiedene Ereignisse, die während der Beobachtungszeit aufgetreten sind, wurden bei der hier besprochenen Studie differenziert: Die chronische Lebererkrankung (CL) mit Untergang von Lebergewebe und Fibrose; hierzu gehört auch das hepatozelluläre Karzinom (HCC), das aber noch einmal gesondert ausgewertet wurde. Die dritte Gruppe stellt die Todesfälle an CL dar. Eine vierte Gruppe umfasst Fälle von Fettleber ohne entzündliche Prozesse (bezeichnet als „CL oder Fettleber“).
Unter 384.818 Kaffeetrinkern (mit einem durchschnittlichen Kaffeekonsum von zwei Tassen täglich) und 109.767 Nicht-Kaffeetrinkern gab es während der Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 10,7 Jahren 3.600 Fälle von chronischen Lebererkrankungen mit Untergang des Lebergewebes und Fibrosierung (CL), 5.439 Fälle von CL oder Fettleber, 184 Fälle von hepatozellulärem Karzinom und 301 Todesfälle, die durch eine CL verursacht wurden. Verglichen mit Nicht-Kaffeetrinkern hatten Kaffeetrinker ein niedrigeres Risiko an CL oder an Fettleber zu erkranken, an CL zu versterben oder an Leberkarzinom zu erkranken. Dieser schützende Effekt war unabhängig davon, ob die Kaffeekonsumenten entkoffeinierten, Instant- oder gemahlenen Kaffee zu sich nahmen.
Wie könnte Kaffee vor diesen Prozessen schützen?
Eine Schutzwirkung von Kaffee gegen chronische Lebererkrankungen ist biologisch plausibel erklärbar. Die Autoren der Studie diskutieren zu dieser Frage mehrere Möglichkeiten. Das im Kaffee enthaltene Koffein könnte die Kollagenproduktion der sogenannten Sternzellen der Leber hemmen, die bei der Entstehung der Fibrose beteiligt sind. Mehrere Studien zeigen, dass auch entkoffeinierter Kaffee eine „leberschützende“ Wirkung hat. Als alternative Wirkstoffe zum Koffein könnten Chlorogensäuren sowie Kahweol und Cafestol in Frage kommen. Wie es im Tierversuch gezeigt wurde, können diese vor Leberfibrose schützen. Vermutlich wird die Schutzwirkung von Kaffee durch mehrere Inhaltsstoffe vermittelt und über komplexe Mechanismen einschließlich der Hemmung von Entzündungsprozessen.
Diese Beobachtungsstudie legt eine protektive Wirkung aller Kaffeearten (auch entkoffeiniert) gegen chronische Lebererkrankungen nahe. In weiteren Studien, so die Autoren, soll die eventuelle Möglichkeit einer kaffeebasierten Prävention bei CL-gefährdeten Personen geprüft werden.
Quellen:
O. J. Kennedy et al.: All coffee types decrease the risk of adverse clinical outcomes in chronic liver disease: a UK Biobank study. BMC Public Health (2021) 21:970, https://doi.org/10.1186/s12889-021-10991-7
MSD Manual: Hepatische Fibrose